Selten stimmen wir über eine CVP Initiative ab. Normalerweise setzt diese Partei ihre Anliegen im Parlament um. Doch nun sind wir mit der Initiative gegen die sog. «Heiratsstrafe» konfrontiert. Ein Vorstoss, der ein Problem von gestern mit der Politik von vorgestern lösen will. Sehen wir uns die Vorlage etwas genauer an.
- Die im Titel behauptete Heiratsstrafe gibt es gar nicht. Bei tiefen und mittleren Einkommen zahlen Verheiratete eher weniger Steuern als Konkubinatspaare. Bei höheren Einkommen jedoch werden gewisse Nachteile der Ehegatten durch Vorteile bei der Rentenberechnung und der Erbschaftssteuer bereits mehr als kompensiert.
- Das grösste Problem der Einkommens- und Vermögensverteilung in der Schweiz ist, dass die Mitte und jene ganz unten unter Druck sind, während die oberen Einkommen immer besser gestellt wurden. Genau nochmals in diese Richtung würde die CVP Initiative wirken: noch mehr denen, die bereits sehr gut gestellt sind.
- Die klar beste Lösung wäre die Individualbesteuerung, jeder Ehegatte versteuert sein Einkommen separat. Das sehen auch im Parlament immer mehr so. Mit dieser Initiative will die CVP den Weg zur Individualbesteuerung verbauen. Warum wohl?
- Nachdem im gesamten nordwestlichen Europa die gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt wurde, sogar im katholischen Irland, wo bei einer Volksabstimmung zwei Drittel JA gesagt haben, will die CVP offenkundig mit dieser Initiative gegen diese Entwicklung einen Damm errichten.
Offen sichtlich handelt es sich also um eine KKP Initiative, also eine Initiative der Katholisch Konservativen Partei, wie die CVP sich vor 60 Jahren noch genannt hat.
dieser Artikel erschien am 28. Januar 2016 im Anzeiger von Wallisellen