Die Neinwelle rollt
Abstimmungskommentar
Ohne Konkordanz geht's nicht voran. Politdiktate von rechts oder links sind zum Scheitern verurteilt.
Nach Avanti und dem neuen Mietrecht sind nun auch die AHV-Revision und das Steuerpaket mit unmissverständlicher Klarheit abgelehnt worden. All diesen Vorlagen gemeinsam war, dass hier versucht worden ist, rechte Positionen kompromisslos durchzudrücken. Es wurde im Parlament nicht einmal mehr versucht, eine Lösung zu finden, welche auch von Mietern, Umweltschützern, Gewerkschaften und SP einigermassen mitgetragen werden könnte. Nun hat sich deutlich herausgestellt, dass die Wählerbasis der bürgerlichen Mitte einen derart radikalen Rechtskurs ebenfalls nicht mitträgt.
Die drei Seiten der Konkordanz
Dass alle Kräfte in der Regierung repräsentativ vertreten sind, das ist erst ein Drittel dessen, was es für das Funktionieren der direkten Demokratie braucht. In Wallisellen ist bekanntermassen nicht einmal diese Voraussetzung gegeben. Das Zweite, und daran hapert es im Moment in der ganzen Schweiz, wäre die Bereitschaft im Zusammenwirken nach tragfähigen und für möglichst alle akzeptierbaren Lösungen zu suchen: Die Bereitschaft zum Kompromiss. Eine absolute Grundlage für jede Konkordanz ist der dritte Aspekt, welchen ich hier hervorheben will: Der Respekt im Umgang miteinander. Das politische Gegenüber als Ungeziefer darzustellen, diesmal waren es Ratten, ist eine erneute unakzeptable Entgleisung des politischen Anstandes. Schlimm genug, dass die Aufregung darüber bereits minimal ausfällt, weil seit der Erfindung des permanenten Wahlkampfes schon Gewöhnungsprozesse stattgefunden haben. Immerhin haben sich diese beleidigenden Versuche der Herabsetzung von andersdenkenden Menschen ebenso wenig ausgezahlt, wie der Einsatz von rund 22 Millionen Franken durch die Befürworter des Steuerpaketes. Einmal mehr hat das Volk ein Gespür für den gerechten Ausgleich an den Tag gelegt. Es ist zu hoffen, dass man diese Signale in Bern verstanden hat und dass man nun nach Lösungen suchen wird, bei welchen alle nehmen und geben.
Heine J. Dietiker